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TopVier Vatertags-Edition

Himmelfahrt beziehungsweise Vatertag ist doch eine prima Gelegenheit, meine innovative neue Listicle-Rubrik in Fahrt zu bringen. Was böte sich da mehr an, als die vier besten Väter aus Film, Funk, Fernsehen, Buch und Comic zu küren?1 Hier also die – selbstredend nicht ganz ernst gemeinte – -Liste2 der fiktiven Väter:

1. Papa Schlumpf

Wenn man seine Funktion schon hochoffiziell als Namen trägt,3 muss einem diese Rolle durchaus am Herzen liegen. Und ich finde der Gute macht seinen Job ganz ordentlich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass er rund 100 Schutzbefohlene4 unter seinen Fittichen hat. Er beschützt seine Schlümpfe, hat immer ein Ohr für ihre Sorgen, ermutigt sie und hilft ihnen, wo er kann. Da darf man es ihm durchaus nachsehen, dass er hin und wieder zu seinem Kumpel Homnibus verschwindet und die Chaoten für ein paar Tage ihrem Schicksal5 überlässt.

2. Halvar von Flake

Ob es wirklich eine gute Idee ist, seinen minderjährigen Sohn auf Raubzüge mitzunehmen, ist gelinde gesagt diskutierenswert. Was Halvar aber zu einem großartigen Vater macht ist die Tatsache, dass er es relativ schnell akzeptiert, dass Wickie ein sanfteres Wesen hat und nicht in seine6 gewalttätigen Wikinger-Fußstapfen treten möchte.

3. König Fergus

Man sehe mir die Doppelung nach7 – aber ich finde, Meridas Vater gehört unbedingt auch auf diese Liste. Zumal er sich im Gegensatz zu Halvar nicht groß zur Akzeptanz seiner nonkonformistischen8 Tochter durchringen musste. Außerdem scheint er mir ein Vater zu sein, der trotz seiner königlichen Pflichten so oft wie möglich bei seiner Familie ist, anstatt ständig auf irgendwelche Abenteuer, Raubzüge oder Sauftouren9 zu gehen.

4. Captain Jean-Luc Picard

Aus rein biologischer Sicht war dieser -Captain10 Zeit seines Lebens nie Vater.11 Für mich ist er dennoch eine geradezu idealtypische Vaterfigur, die durchaus streng aber stets verantwortungsbewusst und zugewandt seine „Kinder“ anleitet, unterstützt und beschützt. Wie es ein guter Vater eben tut. Unter seinen Fittichen reift sein Erstgeborener12 wohlgeraten heran13 und sein Lieblingskind14 erhält stets die notwendige zusätzliche Förderung und Hilfe – aber keines seiner anderen Kinder wird dabei vernachlässigt. Und er ist immer für sie alle da.

Honorable Mentions

In willkürlicher Reihenfolge noch ein paar fiktive Väter, die mir spontan in den Sinn kamen: Mando,15 Marlin,16 Dr. Evil,17 Arthur Weasley,18 Homer Simpson,19 Johnathan Kent,20 Donald Duck,21 Sir Samuel Mumm,22

Wen habe ich vergessen?23 Ergänzungen sind auf jeden Fall hoch willkommen.24

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  1. was bestimmt noch nie einer gemacht hat[]
  2. Ich denke, ich werde es bei diesen Vierer-Listen so halten, dass sie nominal und nicht ordinal skaliert sind. Ein höherer Listenplatz soll also nichts über eine höhere oder niedrigere Qualität aussagen. Die Reihenfolge ist also weitgehend willkürlich.[]
  3. Ja, ich weiß. In Peyos Original ist er „Le Grand Schtroumpf„. Der Name „Papa“ stammt aus der englischsprachigen TV-Serie. Ich finde aber, dass dieser spätere Name gut passt und sich daher zu Recht auch in der deutschsprachigen Comic-Übersetzung durchgesetzt hat.[]
  4. Eine Zahl, die nur vage zu fassen ist. Vor allem, wenn man sich erneut auf die TV-Serie bezieht. Ist Baby Schlumpf der 101.? Was ist mit Tarzan Schlumpf? Opa und Oma Schlumpf? Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Zahl aller in der Serie namentlich erwähnten Schlümpfe um und bei 150 oder so liegt.[]
  5. Dass das aber auch immer schiefgehen muss![]
  6. Halvars[]
  7. An fiktiven rotbärtigen Nordmann-Vätern gibt es wahrlich keinen Mangel. Haudrauf von Berk beispielsweise wäre ein tatsächlich zu offensichtlicher Halvar-Klon.[]
  8. Bezogen auf ihr gesellschaftliches Umfeld – ihrer Familie gegenüber ist sie sehr verbunden und treu.[]
  9. Nun, das vielleicht hin und wieder.[]
  10. Admiral, Pensionär, Winzer[]
  11. und er hat auch nie rein formal ein Kind per Adoption o. ä. angenommen[]
  12. Riker[]
  13. Auch wenn er das elterliche Haus erst reichlich spät verlässt.[]
  14. Data[]
  15. Baby-Yoda könnte sich keinen besseren Pflege-Papi wünschen.[]
  16. Etwas übervorsichtig vielleicht – tut für Nemos Sicherheit aber alles.[]
  17. Ich will ehrlich sein: Er ist ein furchtbarer Vater. Aber wie gekonnt er stets Scotts Widerworte in den Griff bekommt, verlangt mir jedes Mal Respekt ab.[]
  18. Sein Vaterherz ist groß genug für noch ein paar Zaubererwaisen mehr.[]
  19. Naja, zumindest manchmal gibt er sich redlich Mühe.[]
  20. Explizit ist aber nicht die Man-of-Steel-Variante mit dem dämlichen Opfertod gemeint. Ich meine den Pa Kent, der für seinen angenommenen Sohn lebt und nicht stirbt.[]
  21. Blenden wir die frühen ruteschwingenden Episoden aus, ist er für seine drei Neffen ein durchaus respektabler Ersatzvater.[]
  22. Sein Anspruch, dem Nachwuchs auch in den arbeitsintensivsten Krisenzeiten jeden Abend zum Einschlafen vorzulesen, ist immerhin erwähnenswert.[]
  23. sicherlich etliche[]
  24. Ob ein gewisser mythologischer Übervater, der in der anderen Bedeutung des heutigen Feiertages eine gewisse Rolle spielt, in diese Auflistung gehört hätte, ist reine Glaubensfrage, auf die ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen möchte. Meiner bescheidenen Meinung nach hat er sich in Sachen Vaterschaft jedenfalls nicht mit wesentlich mehr Ruhm bekleckert, als seine Kumpels Zeus und Odin.[]

Bingetagebuch: Star Trek Picard

Als alter -Fan und Angehöriger der Generation, für die TNG die prägendste der Trek-Serien1 ist, habe ich mich mit recht hohen Erwartungen auf Star Trek: Picard gefreut. Die ersten Trailer haben diese Erwartungshaltung durchaus befeuert.

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Entsprechend haben Robert und ich in unserer letzten -Sendung vor Serienstart2 einiges an Vorfreude bekundet und begründet.

Eskapedia Episode 6 – Vorfreude auf Star Trek: Picard

Erstens kommt es anders …

Dass diese Erwartungen nicht vollständig erfüllt wurden, habe ich inzwischen mehrfach ausführlich dargelegt. Da ich bei diesen Gelegenheiten schonungslos gespoilert habe, zunächst einmal die obligatorische

WARNUNG VOR DEM SPOILER!

Um die ersten Lockdown-Wochen etwas kurzweiliger zu gestalten, hat der gute Andres im März Zusammengebaut Late Night ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser munteren Sendung hatte ich erstmals Gelegenheit, gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten an der Serie herumzumäkeln.

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In unserer aktuellen -Episode verfeinern Robert und ich unsere stets konstruktive Kritik noch etwas und kleiden sie ganz selbstbewusst in zwei mal fünf Vorschläge, mit der die Serie noch besser geworden wäre.

Eskapedia Episode 7 – Verbesserungsvorschläge für Star Trek: Picard

… und zweitens als man denkt

Nun haben wir bei allem Gemecker stets betont, dass es auf hohem Niveau erfolgt. Und es gehört im Star-Trek-Fandom durchaus zum guten Ton, am Objekt seiner Leidenschaft herumzukriteln. Schließlich wurde bislang jeder Trek-Serie eine nicht 100%ig perfekte erste Staffel zugestanden.3 Selbstverständlich wird auch Star Trek: Picard dieses Privileg zuteil.

Um zu einem versöhnlichen Abschluss zu kommen und damit wir alle mit wohliger Vorfreude Staffel zwei entgegenfiebern können, liste ich im Folgenden die Dinge4 auf, die mir an der ersten Staffel Star Trek: Picard am Besten gefallen haben.

TopVier: Picard Staffel 1

1. Die Troi-Riker-Folge: Selbstverständlich die Troi-Riker-Folge! Nepenthe ist neben den beiden Auftakt-Folgen ein Höhepunkt der Serie. In der ansonsten tendentiell verkorksten Gesamt-Dramaturgie der Staffel stellt sie ein gelungenes retardierendes Moment dar, in dem sich gleichzeitig auf angenehme Weise die erforderliche TNG-Nostalgie konzentriert. Sie ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie man die Erzählweise an das geringe Budget, das die Serie offenbar hatte, anpassen kann – und das mit sehr gutem Ergebnis. Hier funktionieren von Anfang an alle Charaktere, allen voran ausdrücklich die „Neue“ Kestra und ihre Beziehung zu Soji.

2. Laris und Zhaban: Die gelungensten (neuen) Charaktere der ganzen Serie waren für mich mit Abstand Laris und Zhaban. Die beiden romulanischen Ex-Geheimagenten, die für Picard den Haushalt auf seinem Weingut führen, sind für mich als die perfekten neuen „Familienmitglieder“ des einstigen Captains eingeführt worden. Auch ohne Kenntnis des Prequel-Comics5 hat man den beiden sofort ihre enge Verbindung zu Picard abgenommen. Auch die subtile Chemie der beiden Ehepartner untereinander fand ich sehr witzig. Kurzum: zwei Charaktere mit sehr viel Potential! Umso trauriger, dass die beiden nach zwei Folgen komplett aus der Serie gestrichen wurden. Ich hoffe inständig, dass sie in der zweiten Staffel eine bedeutendere und dauerhafte Rolle spielen.

3. Die Verbindung zu Discovery: Ich gebe es freiheraus zu: Ich mag Star Trek: Discovery.6 Um meine Mindermeinung noch deutlicher herauszustellen: Mir gefiel auch der Fokus auf das KI-Thema in der zweiten Staffel. Bereits dies ist eine deutliche Parallele zur ersten Picard-Staffel. Die Visualisierung der Prophezeiung über die KI-Apokalypse und die tentakelzappelnden intergalaktischen Super-KIs7 sind streckenweise bildgleich mit Spocks Zukunftsvision von Controls Terrorherrschaft. Auch wenn hier mein Wunsch der Vater des Gedanken sein mag und schlicht eine budgetbedingte Zweitverwertung8 des Bildmaterials vorliegt, will ich diese offensichtlichen Parallelen so deuten, dass Control irgendetwas mit dem intergalaktischen KI-Bund zu tun hat. Und sowohl die 900 Jahre in die Zukunft versetzte Crew der Discovery als auch Androiden-Picard und seine Trümmertruppe9 werden damit noch zu tun bekommen. Und es wird weitere Querverweise geben. Und das gefällt mir.

4. Die Zukunft geht weiter: Schlussendlich finde ich es ganz wunderbar, dass die Geschichte des Star-Trek-Universums wieder an der Stelle weitergeht, an der wir es verlassen haben. Das Dominion ist besiegt, die Voyager ist wieder zu Hause, das Romulanische Imperium ist nach der Supernova zerfallen – aber was passierte danach? Auf diese Frage haben wir endlich eine Antwort erhalten. Zumindest wurde uns diese Antwort in Aussicht gestellt. Dabei geht es mir nicht primär10 darum, zu erfahren, was aus dieser oder jener einstmals liebgewonnenen Figur geworden ist, sondern vielmehr darum, wer die neuen Heldinnen und Helden sind und mit welchen neuen Herausforderungen, kosmischen Wundern, fremdartigen Völkern, Freunden, Feinden und Gefahren sie sich auseinandersetzen müssen. Für diesen Zweck stellt die erste Picard-Staffel sicherlich nur wenig mehr als ein Bindeglied dar. Aber das gelingt ihr bereits sehr gut – und mir gefällt, was ich bislang gesehen habe. Die Utopie der Föderation war schon immer fragil und musste von den Heldinnen und Helden gegen Gefahren von innen wie von außen verteidigt werden. Insofern ist eine Föderation, die durch einen furchtbaren Angriff direkt vor der eigenen Haustür11 erschüttert wurde, durchaus ein interessantes Szenario. Gleiches gilt für das Wildwest-Gebiet, das sich in der ehemaligen Neutralen Zone und den Trümmern des Romulanischen Imperiums gebildet hat. Natürlich interessiert es mich, wie es mit Robo-Picard weitergeht. Möge er noch etliche seiner einstigen Gefährten treffen und dabei den ein oder anderen Planeten retten. Aber wenn aus diesem neu aufgeschlagenen Trek-Kapitel ein neues Raumschiff12 mit neuer Crew entspringen sollte, es wäre mir ein Fest.

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  1. Die beste Trek-Serie ist natürlich DS9. Dennoch wird meine Enterprise immer die D sein und mein Captain immer Picard.[]
  2. die schon jetzt legendäre Subraumnachrichten-Sendung[]
  3. DS9 hatte das natürlich nicht nötig. Hier waren alle Staffeln perfekt.[]
  4. Hm. Gute Idee für ein innovatives neues Blog-Format. Aber wie soll ich es nennen? „Die vorzüglichen Vier“? „Die besten Vier“? Oder kurz und knapp „Top4“? Da kommt jedenfalls was auf euch zu.[]
  5. der ehrlich gesagt nur mäßig gut beziehungsweise relevant ist[]
  6. Ich bin aber auch der einzige lebende ENT-Fan, was mein Urteil vielleicht etwas einordnet.[]
  7. die zugegebenermaßen übertrieben pulpig daherkommen[]
  8. Was durchaus Tradition bei Star Trek hat. Wir erinnern uns an die identische Kamerafahrt entlang der Enterprise in den ersten beiden Kinofilmen.[]
  9. Es wird definitiv noch eine Weile dauern, ehe ich mit dieser Crew warm werde.[]
  10. aber durchaus auch[]
  11. „Der Mars brennt immer noch!“[]
  12. Gerne die Enterprise F – muss aber nicht.[]

Ab jetzt mit Fußnoten

Aus Prokrastinationsgründen habe ich meinem Blog hiermit Fußnoten verpasst. Mit dem richtigen -Plugin eigentlich ganz einfach.

Jede und jeder, die beziehungsweise der längere Texte schreibt – sei es im Rahmen von Schule und Studium, aus beruflichen Gründen oder schlicht aus Spaß – kennt das Phänomen der Prokrastination:1 Man sucht sich Arbeit, die einen davon abhält, besagten Text weiterzuschreiben.

Wer formatiert, der bleibt

Bei mir war und ist dies oft das Formatieren des Textes. Wie viele Stunden habe ich nach der perfekten Schriftart, dem idealen Zeilenabstand und dem exakten Seitenrand gesucht, ehe auch nur eine Seite geschrieben war?2 Gerade im Kontext universitärer Hausaufgaben und Abschlussarbeiten hat die Fußnote bedeutenden Raum eingenommen: Position, Format und Schriftgröße wollten wohl überlegt sein.

Die Fußnote als Stilmittel

Als Leser schätze ich die Fußnote durchaus auch als Stilmittel außerhalb wissenschaftlicher Texte. Schon als junger Asterix-Fan mochte ich die Sternchen mit Übersetzungen oder näheren Erläuterungen. Auch der ein oder andere Romancier greift zu meiner Freude darauf zurück, allen voran der großartige Terry Pratchett.

Zum Leidwesen meiner Brieffreunde3 habe ich mir vor einiger Zeit angewöhnt, auch in meiner Korrespondenz4 auf dieses Stilmittel zurückzugreifen. Nun sind meine Blogartikel dran.

Welches Plugin soll es sein?

Auch hier gilt: Die Wahl des passenden WordPress-Plugins will wohl überlegt sein. Soll ja hübsch aussehen, einfach zu handhaben sein und mit der aktuellen WordPress-Version sowie dem Theme meiner Wahl kompatibel sein.

Bereits vor einigen Jahren hat sich Sabine Melnicki auf ihrem Blog mit dieser Frage befasst und sich in einem kleinen lesenswerten Auswahlprozess auf die Suche nach dem besten Plugin begeben. Sie hat sich zunächst für footnotes und später nach einem Theme-Wechsel für Easy Footnotes entschieden. Beide erfüllen heute nicht mehr ganz ihre damals aufgestellten Kriterien,5 machen aber einen unverändert guten Eindruck. Einen erneuten Test wären sie also wert.

Bei der Suche sprang mir selbst außerdem Footnotes Made Easy ins Auge, das als einziges Plugin für die aktuellste WordPress-Version getestet wurde. Außerdem wirkt es nicht nur dem Namen nach angenehm schlank.

Suche vorzeitig abgebrochen

Nun war mein ursprünglicher Plan, alle drei Plugins auszuprobieren. Der Auswahlprozess fand jedoch ein vorzeitiges Ende, da mir gleich das erste Testobjekt ob seiner unkomplizierten Funktionalität so sehr zusagte, dass ich meine Suche für beendet erklären konnte. Footnotes Made Easy machte daher das Rennen, ohne dass seine Mitbewerber überhaupt an den Start gehen konnten. Zugegeben vielleicht etwas ungerecht – ich bin mit dem Ergebnis jedoch zufrieden.

Fußnoten leicht gemacht

Der Name ist tatsächlich Programm. Einmal aktiviert erzeugt das Plugin automatisch dort Fußnoten im Blogtext, wo man zwischen doppelten Klammern6 den gewünschten Fußnotentext einfügt. Nicht mehr und nicht weniger. Ein bisschen kann man an den Einstellungen drehen – zum Beispiel, ob die Fußnoten einfache Zahlen oder Buchstaben oder ähnliches sein sollen7 –, ansonsten sind die Freiheitsgrade aber recht gering. Was ich für meine Zwecke aber ganz angenehm finde.

Langer Rede, kurzer Sinn: Ab jetzt hier mit Fußnoten!

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  1. Der Begriff selbst sollte inzwischen auch hinlänglich geläufig sein.[]
  2. Rhetorische Frage, ich weiß. Ich beantworte sie dennoch: Es waren viele.[]
  3. Seit einer Weile tausche ich mich mit mehreren Freunden ganz klassisch per Brief aus. Macht richtig Laune. Wobei ich es bei per E-Mail versandten hübsch formatierten PDFs belasse. Soweit geht mein Zugeständnis an die klassische Briefeschreiberei dann doch nicht, dass ich zu Papier und Füller greifen würde. Wer es auch mal probieren möchte – Mail genügt.[]
  4. Um der ganzen Wahrheit die Ehre zu geben: Einer meiner Brieffreunde hat mit den Fußnoten angefangen, was ich sofort mit großer Begeisterung übernommen habe. Inzwischen hat es bereits auf einen Dritten abgefärbt. Fußnoten sind ansteckend.[]
  5. vor allem was die Aktualität angeht[]
  6. Falls man hier lieber eckige Klammern oder ganz andere Sonderzeichen hätte, kann man das in den Einstellungen individuell gestalten.[]
  7. Ich habe mich für die klassischen Zahlen entschieden[]

Lesetagebuch: Sterntagebücher von Stanisław Lem

Crossmedial induzierter Nostalgieanfall

Ausgelöst wurde der Wunsch nach diesem Reread durch meine kürzliche Betrachtung der Ijon-Tichy-TV-Serie von 2007. Mein Urteil darüber war durchwachsen – mich zu einer erneuten Lektüre der Sterntagebücher animiert zu haben, will ich der Serie aber positiv anrechnen.

Muntere Philosophie-Häppchen

Stanisław Lems muntere Anthologie aus den 60er Jahren – zur genauen Erscheinungshistorie, die sich von 1957 bis 1971 und darüber hinaus erstreckt, sei der Wikipediaartikel zu den Sterntagebüchern empfohlen, der auch darüber hinaus sehr detailliert und erhellend ist – enthält lose zusammenhängende Kurzgeschichten, die die Reisen und Abenteuer des Raumfahrers Ijon Tichy beschreiben. Auch wenn einige der Folgen oben genannter TV-Serie im Ansatz beinahe wortgleich mit den Kurzgeschichten der Vorlage beginnen, gibt es doch recht grundlegende Unterschiede.

Während die Serie fast ausschließlich auf skurrilen Humor mit leichten -Aspekten setzt, ist die Vorlage deutlich tiefgründiger. Der Ijon Tichy der Serie ist am ehesten eine klischee-polnische Version von Arthur Dent. In den Sterntagebüchern ist er vielmehr ein Münchhausen oder Candide des Kosmos, dessen Geschichten zwar wie absurde Lügengeschichten anmuten, die aber fast immer ernste kultur- und gesellschaftskritische und tief philosophische Themen ansprechen. Und ich mag .

Was ist (künstliches) Leben

Eine der Kernfragen, die dabei immer wieder aufgeworfen wird, ist die nach dem Variantenreichtum des Lebens und des Bewusstseins, egal ob auf natürlichem oder künstlichem Wege entstanden. Ein Thema, das sich durch Lems gesamtes Werk zieht, wenn man beispielsweise die letztlich gescheiterten Kommunikationsversuche der Menschen mit dem außerirdischen Organismus in Solaris oder die Maschinen-Evolution in Der Unbesiegbare betrachtet.

In den Sterntagebüchern werden diese Themen nur scheinbar oberflächlicher behandelt. Man darf sich von den stets eingeflochtenen Absurditäten nicht täuschen lassen. Als Beispiel sei die reichlich skurrile Waschmaschinen-Tragödie angeführt. Darin führt der Wettstreit zweiter Weißwaren-Fabrikanten zu immer klügeren1 Haushaltsgeräten, die schließlich kaum mehr ihren ursprünglichen Zweck erfüllen, sondern sich vielmehr zu selbstbewussten autonomen künstlichen Intelligenzen weiterentwickeln. Obwohl diese Kurzgeschichte durchgehend humoristisch bleibt, ist sie bei der abschließenden Verhandlung des rechtlichen Status‘ von KIs keinen Deut weniger tiefgründig als die zu Recht viel gelobte Star-Trek-Folge „Wem gehört Data?“ – ich wage sogar zu behaupten, dass das Gegenteil der Fall ist.

Alter Stil zeitlose Themen

Dies gilt für nahezu alle behandelten Science-Fiction-Themen. So ist dem, was Lem in der 21. Reise der Sterntagebücher in Sachen Transhumanismus ausführt, auch heutzutage nichts mehr hinzuzufügen. Wenn auch humoristisch überzeichnet denkt und beschreibt er die gesellschaftlichen und psychologischen Konsequenzen totaler körperlicher Autonomie hier kompromisslos und vollkommen bis ans Ende. Daher kann man seine Texte auch heute noch mit großem Gewinn lesen, da Dinge wie künstliche Intelligenz mehr und mehr in greifbar reale Nähe rücken.

Einzig sein Stil mag hier und da der Entstehungszeit der Texte verhaftet und auch sonst etwas speziell sein. Am unangenehmsten fällt dabei auf, dass die Zahl weiblicher Charaktere über die komplette Anthologie hinweg gegen Null geht. Es scheint, dass Lem hier nur dann eine Frau auftreten lässt, wenn es nach seiner Auffassung absolut unumgänglich ist. Dazu, ihr dann noch einen Namen oder gar eine Dialogzeile zu geben, hat er sich höchsten ein, zwei Mal hinreißen lassen.

Davon abgesehen, mag ich seinen Stil aber recht gerne. Selbst seine häufigen dozierenden Abschnitte, in denen er seitenweise historische Abläufe oder wissenschaftliche Zusammenhänge darlegt, lesen sich in meinen Augen sehr spannend. Schließlich versucht er sich in den „Erinnerungen Ijon Tichys“, die in den meisten Ausgaben der Sterntagebücher enthalten sind, mit großem Erfolg an geradezu Lovecraft-artigen Geschichten, in denen er seinen Helden an unterschiedliche verschrobene Wissenschaftler und ihre erschreckenden Experimente geraten lässt, die reichlich Inspiration für die ein oder andere Cthulhu-Rollenspielrunde bieten. Den SF-Themen nebst philosophischem Anspruch bleibt er dabei natürlich treu, kleidet beides aber sehr gekonnt in das Gewand klassischer Schauergeschichten.

Pflichtlektüre

Langer Rede: Auch nach dem x-ten Mal bin ich von Ijon Tichys Abenteuern begeistert. Wer als Science-Fiction-Fan etwas auf sich hält, muss meiner Meinung nach Lem gelesen haben. Wenigstens die Sterntagebücher – und hinterher gleich die Robotermärchen.2

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  1. heute würde man sagen „smarteren“[]
  2. oder vorneweg, wie ihr mögt[]

Fundsache: Kabaddi

Mannschaftssport weckt normalerweise nicht sonderlich mein Interesse – sei es aktiv oder passiv. Ja, hin und wieder habe auch ich mal gegen einen Ball getreten oder ihn irgendwo hin geworfen – und ich gebe zu, bereits mehrfach zugeschaut zu haben, wenn 22 andere Leute besagtem Ball hinterherlaufen. Meine Begeisterung ist dabei aber stets von kurzer Dauer. Doch dann erfuhr ich von Kabaddi.

Ticken + Völkerball + Luftanhalten = Kabaddi

Vor einer Woche tat @jensW2604 seine Begeisterung für einen Tweet kund, der folgendes Video enthielt.

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Kabaddi-Pause

Aus Gründen ist es aktuell natürlich nicht zu empfehlen, diesen reizvollen Sport draußen im Garten oder auf dem Schulhof selbst auszuprobieren. Nach kurzer YouTube-Recherche kann man sich jedoch etliche Profispiele anschauen und damit gegebenenfalls die Quarantänezeit verkürzen. Und nächstes Jahr lohnt sich womöglich die Suche nach Kabaddi-Clubs in der Nähe.

Weitere Fundsachen an anderen Orten

Edieh – Fantastische Trailer #157 | Eskapedia – Eskapistische Netzfundstücke 01/2020 | Minds Delight – Good News Everyone LVIII | Zusammengebaut – LEGO Links: winzig wie ein Virus, riesig wie eine Raumstation

Gibt es New York?

Ich weiß nicht, ob es euch auch so ging – aber um an Grundfragen der herangeführt zu werden, wurden bei mir im entsprechenden Unterricht damals Fragen erörtert wie „Woher weißt du eigentlich, dass es New York wirklich gibt?“ Die Folge waren stets erbauliche und im Ergebnis fruchtlose Diskussionen, die jedoch das Bewusstsein dafür schärften, vermeintliche Wahrheiten nicht unüberlegt als gegeben hinzunehmen – und darüber nachzudenken, was „Wahrheit“ überhaupt meint.

Ich war noch niemals in New York

Nachdem ich über Jahrzehnte hinweg keine Gelegenheit beziehungsweise Muße gefunden hatte, wollte ich in diesem Jahr endlich selbst einmal nachschauen (dass die Vertrauenswürdigkeit der eigenen Sinne ebenfalls diskutabel ist, sei dahingestellt – oder meinethalben ein Thema für die Drukos). Genaugenommen sollte es Ende März soweit sein. Eine gute Woche lang wollte ich Manhattan und vielleicht ein wenig Brooklyn unsicher machen – und euch mit unzähligen -Bildchen und Filmchen belästigen. Hat nicht sollen sein. Eine Weile werde ich bei Udo Jürgens noch einstimmen müssen.

Ockhams Rasierklinge

Halb im Scherz, halb aus Betrübnis drängte sich mir eingangs gestellte Frage wieder auf. Wäre ich etwas wirreren Geistes (noch wirreren Geistes, als ohnehin schon), hätte ich mir womöglich ein Truman-Show-Szenario ausgemalt, das … Aber Scherz beiseite!

Flatten the Curve

Selbstverständlich ist es aktuell nicht nur sinnvoll sondern geboten, alles dazu beizutragen, dass sich der Erreger, der gerade die Welt in Atem hält, so langsam wie möglich ausbreitet, um Gesundheitssysteme und Infrastruktur nicht in die Knie zu zwingen. Daher ertrage ich mein Schicksal tapfer und hadere fast gar nicht damit. Und aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben.

Nächstes Jahr ist auch noch ein Jahr

Glaubt also nicht, dass ihr meiner pauschaltouristischen Reiseberichterstattung aus New York entkommt. Nächstes Jahr seid ihr fällig. Immerhin kann ich eine leicht nerdige Färbung versprechen, denn es sind zum großen Teil die Dinge aus einschlägigen Filmen und , die ich in der Stadt, die niemals schläft, entdecken möchte.

New York, New York

Sei es die Brücke, auf der sich Spider-Man und der Goblin gekloppt haben (ganz zu schweigen von der Fähre, die der Vulture im Kampf mit ihm zerlegt hat, und dem Vergnügungspark, in den die beiden reingekachelt sind), das Museum, in dem Agent J seinen ersten Alien gejagt hat, oder die Enterprise. Hach, es gibt so viel zu entdecken, egal, ob real wie die Captain America Statue in Brooklyn oder fiktiv:

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Was vergessen?

Machen wir das beste draus. Hiermit habe ich ein Jahr Zeit, weitere Tipps für den im Big Apple zu sammeln. Empfehlt mir was!

Lesetagebuch: Perry Rhodan 3016 – In den Augen des Riesen

Zum zuvor besprochenen Heft: Perry Rhodan 3005 – Wiege der Menschheit

Satte 40 Hefte hänge ich damit hinter der Erstauflage her, die unerbittlich Woche für Woche voranschreitet. Dank des just ausgelesenen Romans erhält dennoch der Gedanke Nahrung, die Aufholjagd zum aktuellen Heft nicht aufzugeben.

Was bisher geschah

Um keine Lücke in der Dokumentation aufkommen zu lassen, fasse ich im folgenden kurz meine Leseerfahrungen nach Heft 3005 zusammen. Auch wenn es in dieser Phase zu deutlichen Verzögerungen und ersten Lücken meinerseits kam, fing der aktuelle Zyklus hier an, mir immer besser zu gefallen. Daher erst einmal eine

WARNUNG VOR DEM SPOILER

Behutsame Fahrtaufnahme

Wir erinnern uns: Trotz generell wohlmeinender Grundstimmung gefiel mir das schleppende Voranschreiten der Meta-Handlung in den ersten Heften ganz und gar nicht. Zu offensichtlich konstruiert erschienen mir die Handlungsschleifen, die Woche für Woche gedreht wurden, um zu erklären, warum Rhodan nicht einfach ins Sol-System fliegt, um nach der vermeintlich verschwundenen Erde zu sehen – oder ins Ephelegon-System, wo sein ältester Freund Reginald Bull auf ihn wartet. Andreas Brandhorst wusste mich mit seinem Band 3005 dann aber sehr zu begeistern. Das Jahrtausende an Handlungszeit überspannende kosmische Rätsel mit einer angenehmen Prise Altleser-Fanservice – damit hatten sie mich wieder. Das sind meine guten alten Raketenheftchen, wie ich sie lesen will.

Bei den Posbis

Nach einem wenig nennenswerten Füllroman schwenkte die Handlung zum Arkoniden Atlan um, der drei Hefte lang versuchte, Kontakt zu den Posbis im intergalaktischen Leerraum aufzunehmen und das Raumschiff RAS TSCHUBAI reparieren zu lassen. Nun hat mir die Cyborg-Zivilisation der Posbis schon immer sehr gut gefallen. Das Alien-Volk begleitet die Serie fast seit ihren ersten Tagen. Die Hefte 3007, 3008 und 3009 haben mich darüber hinaus mit sehr interessanten Charakteren und spannenden SF-Ideen begeistert. Dennoch folgte direkt danach mein erster Lesesprung in diesem Zyklus, da ich bereits hier begann, ins Hintertreffen zu geraten.

Endlich erste Antworten

Das erste Treffen zwischen Rhodan und Bull, das dem Leser so lange vorenthalten wurde, wurde mir für Band 3013 versprochen. Also hopste ich zu diesem Band, der endlich ein paar erste Fakten lieferte, was in dem 500-Jahres-Loch so passiert ist. Das meiste war erwartbar und enthielt noch nicht die ganz großen Antworten – aber man war schon mal einen entscheidenden Schritt weiter. Ein weiterer kleiner Hopser zu Heft 3015 bescherte mir eine gelungene Schilderung des tatsächlichen Verschwindens der Erde.

Haluter-Action

Kommen wir somit zur Nummer 3016, die ich aus Gründen mittendrin ein paar Wochen lang ungelesen auf dem Kindle liegenlassen musste. Als meine Freizeit unlängst wieder etwas luftiger wurde, habe ich den Band aber in kürzester Zeit ausgeschmökert. Wir befinden uns erneut auf Rudyn, der aktuellen Hauptwelt der Liga Freier Galaktiker und Regierungssitz von Reginald Bull. Perry Rhodan wird der Öffentlichkeit vorgestellt und vermittelt der im Exil lebenden Menschheit erstmals seit 500 Jahren die Hoffnung, dass sich doch alles zum Guten wenden möge – und man sogar die legendäre Erde wiederfinden könnte. Dieser Vorgang wird jedoch eher am Rande geschildert. Zentral sind die beiden folgenden Handlungsstränge: Zum einen das Wiedersehen von Rhodan und Icho Tolot. Der Haluter lebt in einer geheimnisvollen Festung im Orbit um Rudyn, die Perry im Laufe des Romans besucht, wobei sie dem Leser vorgestellt wird. Zum anderen begleitet man mit Thosen Musay einen sehr interessanten neuen Nebencharakter. Er ist ein kleiner terranischer Infomed (eine Art Detektiv), dessen Handlungsstrang zunächst sehr anschaulich das Alltagsleben auf Rudyn schildert – dann aber auf sehr spannende Weise mit den Ereignissen um Perry und Tolot zusammenläuft. In der actionreichen Schlusssequenz stellt sich Thosen als Schläferagent heraus, der es offenbar auf einen der jungen Haluter abgesehen hat, die Tolot in seiner Festung ausbildet. Die hochintelligenten gigantischen vierarmigen Aliens – ebenfalls alte Bekannte aus der Frühzeit der Serie –, werden dabei wunderbar in Szene gesetzt. Der Roman ist rundum gelungen, hat interessante Charaktere, schildert ein angenehm fremdartiges SF-Szenario, treibt die Meta-Handlung voran und erzählt auch für sich genommen eine spannende Geschichte. Grund genug, am Ball zu bleiben.

Fortsetzung folgt

Als nächstes hopse ich weiter bis Band 3021 und plane mindestens bis 3025 durchzulesen – und dann mal gucken. Ich werde berichten.

Lesetagebuch: Neustart

Was bisher geschah

Die letzten zwei, drei Monate waren für mich etwas anstrengend – ich beliebte andeutungsweise zu berichten. Die Lektüre kam dabei streckenweise zu kurz – vor allem, was das reine geschriebene Wort betrifft, denn gehen immer. Wie meinem Goodreads-Account zu entnehmen ist, habe ich zwischen November und Februar dann doch ein bisschen was gelesen: Die beiden „neueren“ Regener-Romane aus dem Herr-Lehmann-Universum Magical Mystery und Wiener Straße, die PicardCountdown-Comics und Mirror Broken, ein weiterer -Comic, der die Geschichte des Spiegeluniversums aus Sicht des TNG-Personals erzählt. Aktuell habe ich den sehr interessanten Reisebericht Die Grenze der norwegischen Autorin Erika Fatland am Wickel, die darin nichts geringeres beschreibt als ihre Reise einmal komplett um Russland herum. Aus Gründen habe ich just mit einem Reread der Sterntagebücher von Stanislav Lem begonnen. Bislang undokumentiert ist mein zaghafter Versuch in jener Zeitspanne wieder zur -Erstauflage aufzuholen – doch dazu weiter unten mehr.

Gekappte Lesefäden

Um nun mit der Lektüre wieder etwas in die Gänge zu kommen, musste ich zumindest ein wenig tabula rasa machen. Nichts ist demoralisierender, als mehrere halbgelesene Bücher auf Kindle oder Nachttisch, die man nur noch aus schlechtem Gewissen sätzchenweise weiterliest. Ich habe mich daher entschieden, drei Bücher, auf die dies zutraf, kurzerhand abzubrechen: die an sich durchaus interessante Anthologie mit positiven Utopien Hieroglyph, den -Roman des von mir persönlich sehr geschätzten Klaus N. Frick Das blutende Land und zu meiner Schande auch Biokrieg, was mir dereinst der ans Herz gelegt hatte.

Kein Buchbezwinger

Wir erinnern uns: Vor drei Jahren lebte der Lesezwinger kurz mal wieder auf und ich ließ mir von ihm drei Bücher empfehlen: Die drei Sonnen von Liu Cixin, Futu.re von Dmitry Glukhovsky und eben Biokrieg von Paolo Bacigalupi. Zwei davon habe ich immerhin bezwungen, beim dritten muss ich mich hiermit geschlagen geben. Gar nicht mal, weil der Roman schlecht wäre oder meine Anforderungen nicht erfüllte. Er ist durchaus spannend und bietet ein sehr durchdachtes und realistisches Szenario einer zukünftigen Erde, auf der nicht mehr die westliche Welt im Fokus steht. Aber mir war es dann doch eine zu düstere Dystopie.

Künftige Lesereisen

Den Reisebericht habe ich als Literaturgattung bislang ziemlich ignoriert. Sträflich! Das wird nun anders. Die Grenze gefällt mir derart gut, dass ich diesem Genre eine Weile treu bleiben werde. Ansonsten weiß ich aber noch gar nicht so recht, wohin die weitere Lesereise gehen soll. Schiebe ich nach den Sterntagebüchern gleich die Roboter Märchen und weitere Werke von Stanislav Lem hinterher? Wühle ich mich durch nie gelesene und längst überfällige - und Fantasy-Klassiker wie die Elric-Saga von Michael Moorcock oder die Mars-Trilogie von Kim Stanley Robinson? Lausche ich mal wieder bei Weltenflüstern rein, was es so neues gibt? Oder frage ich erneut beim Lesezwinger nach?

Und was ist mit Perry Rhodan?

Gute Frage. Mein letztjähriges Vorhaben, mit Band 3000 wieder in die Erstauflage der größten Science-Fiction-Serie der Welt einzusteigen, war durchaus ernst gemeint. Nach nur wenigen Wochen bin ich zwar wieder ins Stocken geraten und habe den ein oder anderen Band übersprungen. Den Entschluss erneut auszusteigen habe ich bislang aber nicht gefasst. Dafür gefiel es mir dann doch zu gut. Aktuell stecke ich in Heft 3016 – am Freitag erscheint jedoch schon Band 3054. Ein etwas demoralisierender Abstand, bei dem ich noch nicht weiß, ob ich ihn einfach vor mir herschieben, ihn durch „Schlüsselroman-Hopping“ aufholen – oder es mit Perry Rhodan doch gut sein lassen soll. Alternativ hatte ich überlegt, es mit den Minizyklen zu versuchen. In regelmäßigen Abständen bringt der Verlag abgeschlossene Geschichten in meist sechs Heften heraus, die von der Haupthandlung losgelöst sind. Deren Qualität soll jedoch sehr schwankend sein. Da muss ich noch mal in mich gehen.

Das unentdeckte Land

Was immer meine Lese-Zukunft bringen mag, ich werde darüber berichten. Kann auch sein, dass ich nach gefühlten Jahrzehnten wieder zu einem greife – oder es werden doch wieder hauptsächlich Comics.

Bingetagebuch: Ijon Tichy – Raumpilot

Als großer Fan der „Sterntagebücher“ von Stanisław Lem war es höchste Zeit, dass ich endlich die preisgekrönte ZDF-Verfilmung von 2007 und 2011 anschaue.

Low Budget – High Performance

Eines gleich zu Beginn: Man muss sich bei Ijon Tichy: Raumpilot auf eine Low-Budget-Verfilmung einlassen. Lowest Budget gar. Ijon Tichys Rakete ist von außen eine Bodum-artige Kaffeekanne und von innen die Berliner Wohnung des Hauptdarstellers. Diese Optik zieht sich aber ganz selbstbewusst als Stil-Aussage durch die beiden Staffeln der Serie und trägt damit nicht unwesentlich zum (selbst-) ironischen Grundton bei. Die Reminiszenz an ein gewisses Bügeleisen ist sicher auch nicht ganz unbeabsichtigt.1

Kurzweilige kosmische Komik

Lässt man sich von dieser Prämisse nicht abschrecken – was bei mir all die Jahre durchaus der Fall war –, weiß die schräge und spaßige -Satire durchaus zu gefallen. Die Kürze der Folgen und der beiden Staffeln trägt sicherlich dazu bei, dass man sich durchweg gut unterhalten fühlt. Die erste Staffel von 2007 besteht nur aus sechs Folgen mit jeweils 14 Minuten Länge, Staffel zwei von 2011 kommt auf acht Folgen, die je 23 Minuten lang sind. Aktuell findet man die komplette Serie in der ZDF-Mediathek,2 Amazon bietet sie in seinem Streaming-Dienst auch an.3 Folgender Trailer gibt einen ersten Eindruck, worauf man sich da einlässt:

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Einschub 1: ZDF-Mediathek-App

An dieser Stelle ein kleines Lob der ZDF Mediathek sowie ihrer Android-App. Ich schaue dergleichen ja oft gern beim Pendeln und nutze dabei in den meisten Fällen die entsprechenden Apps der geläufigen kommerziellen Streaming-Anbieter. Inzwischen muss sich das Angebot des ZDF nicht mehr dahinter verstecken – sogar eine Downloadfunktion fürs Offline-Gucken wurde mittlerweile eingebaut.

Frei nach Stanisław Lem

Inhaltlich orientiert sich die Serie vor allem in der ersten Staffel überraschend dicht an der literarischen Vorlage. Ja, die Halluzinelle ist dazuerfunden – aber zum Beispiel hält sich die dritte Folge über große Strecken fast Wort für Wort an den Text der „Siebenten Reise“ beziehungsweise des ersten Kapitels der Sterntagebücher. Außer diesem Zeitschleifen-Abenteuer sehen wir den Helden unter anderem auf Koluppenjagd oder wie er in einem interplanetaren Gremium die Mitgliedschaft der Menschheit begründen soll. Ein Großteil der Geschichten ist jedoch selbst ausgedacht oder verfremdet die Vorlage mehr oder weniger stark. Den freien Umgang mit dem Originalwerk macht die Serie sogar selbst zum Thema, wenn Ijon Tichy in der letzten Folge der ersten Staffel einer fiktiven Autorin seiner Erlebnisse begegnet, die sich unter anderem über die Halluzinelle beschwert, die in ihren Aufzeichnungen gar nicht auftauche. Mit Selbstironie und Meta-Spaß dieser Art kriegt man mich ja immer.

Einschub 2: Das Originalwerk

Meine erste Lektüre der Sterntagebücher liegt lockere 30 Jahre zurück, wie oft ich sie in der Zwischenzeit gelesen habe, vermag ich nicht mehr zu sagen. In jedem Fall hat dieses Buch – wie auch weitere Teile des Lem’schen Werks – großen Eindruck bei mir hinterlassen. Das ging soweit, dass die Wahl meines Pseudonyms4 auf Ijon Tichy fiel. Die Mischung aus tiefgründig-philosophischer SF und teils albernem Humor hat mir außerordentlich gefallen – und gefällt mir noch heute. Nicht umsonst animiert mich der Konsum dieser TV-Serie hiermit zu einem erneuten Reread der literarischen Vorlage.

Fazit

Die Serie ist unterhaltsam. Auch wenn sie an einigen Stellen im Vergleich zur Vorlage etwas zu albern gerät und an Tiefgründigkeit vermissen lässt, macht sie dennoch Spaß. Durch die konsequente Low-Budget-Optik und die skurrilen Figuren kann sie legitim als eigenständige Variation des Quellenmaterials bestehen. Ob der pseudo-polnische Akzent wirklich not getan hat,5 will ich gar nicht beurteilen. Ernsthaft stören tut er nicht – außer dass man Gefahr läuft, nach ein paar Folgen am Stück selbst so zu quatschen. Viel länger als die insgesamt 14 Folgen hätte das ganze aber auch nicht gehen müssen. Insofern: Runde Sache. Macht Laune. Schaut’s euch an!

Dennoch: Freuen würde ich mich schon, wenn es irgendwann einmal eine aufwändigere Verfilmung eines oder mehrerer Ijon-Tichy-Abenteuer geben sollte.

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  1. Notiz an mich: Ein RaumpatrouilleRewatch ist überfällig.[]
  2. dort noch bis Ende März 2020 verfügbar[]
  3. dort allerdings zur Zeit nicht im Prime-Paket enthalten – kostet also extra[]
  4. im Science-Fiction-Fandom gehörte ein solches einst zum guten Ton[]
  5. ja, Lem war ein polnischer Autor, haha[]

Weiter geht’s!

Neue Optik

Zunächst zum Offensichtlichsten: Ich habe mir erneut eine leicht modifizierte Optik verpasst. Beziehungsweise verpassen lassen. Der großartige Legonaut war so freundlich, mir ein neues Symbol zu gestalten. Ich finde, es ist sehr hübsch geworden. Es wird fürderhin meine blogbezogenen Netzauftritte zieren – allen voran diese Seite hier selbst.

Was bisher geschah

Ich war, was Freizeitaktivitäten angeht, nicht vollständig müßig. Ich beschränkte mich jedoch fast ausschließlich auf passiven Konsum, habe also ein bisschen was gelesen (wie immer vor allem Comics – aber auch einen hoch interessanten Reisebericht) und geglotzt (etliche Serien und Filme, die mir teils gut, teils nur mäßig gefallen haben). Beides wird künftig wieder vermehrt Gegenstand ausführlicherer Betrachtung sein, sowohl an dieser als auch an anderer Stelle.

Einmal ist es mir immerhin gelungen, etwas kleines zu produzieren. Angesichts der (inzwischen etwas abgekühlten) Vorfreude auf die neue Serie Star Trek: Picard konnte ich mich dann doch nicht zurückhalten. Hier kommt erneut der wunderbare Legonaut ins Spiel, dessen Idee, eine Eskapedia-Sendung aus wechselseitigen Subraumnachrichten zusammenzuschneiden, zu dieser hörenswerten Podcast-Episode führte:

Eskapedia Episode 6 – Vorfreude auf „Star Trek: Picard“

Dinge, die da kommen mögen

Wenn man eine zeitlang weg von allem war (Ist der Begriff „GAFIA“ heutzutage eigentlich noch gebräuchlich?), stellt man fest, was einem am meisten gefehlt hat – und was nicht so.

Die aufgezeichneten Gespräche mit dem Legonauten fallen dabei ganz klar in die erste Kategorie. Deswegen wird es hier sehr bald Nachschub geben. Ganz oben auf der To-Do-Liste steht eine ausführliche Besprechung der Picard-Serie, die zumindest meiner Meinung nach die Erwartungen bislang nur unvollständig erfüllen konnte. Dies gilt es ausführlichst zu analysieren.

Darüber hinaus tragen wir beide uns mit dem Gedanken, die Seite eskapedia.de über den Podcast hinaus mit etwas mehr Content aufzuwerten. So ist die baldige Wiederauferstehung meiner eskapistischen Linksammlung an jenem Orte nicht mehr vollkommen auszuschließen.

Auch wenn sich meine Sammelleidenschaft in Sachen Lego etwas abgekühlt hat, bleibe ich dem Thema natürlich gewogen und werde alsbald wieder drüben bei Zusammengebaut meine entsprechenden Fundstücke präsentieren.

Generell wird das geschriebene Wort wieder größerere Bedeutung in meiner Freizeitgestaltung erhalten. Sowohl Heldenfahrt als auch Sternenfahrt wollen fortgeschrieben werden – und ich werde die Konvertierung meines Hobby-Geschreibsel-Zeugs in epub-Format angehen. Daneben will ein gewisses Kinderbuch endlich einmal auf vernünftiges Papier gedruckt werden und das ein oder andere Textfragment ruft nach dringender Fortsetzung.

Schließlich soll es auf diesen Seiten wieder öfter etwas von mir zu lesen geben. Berichte über mein Konsumverhalten sind auf jeden Fall wieder dabei. Ob es darüber hinaus eher in Richtung Clickbait-Top-Ten-Listen oder textlastige Tagebucheinträge geht, wird sich noch zeigen.

Fundsache: Quanteninformationen, Schwarze Löcher und simulierte Universen

Die Endlichkeit der Dinge kann einen ganz schön umtreiben. Es wäre durchaus beruhigend, wenn es wenigstens irgendetwas gäbe, das den Zahn der Zeit und die olle Entropie überdauern und mit dem Attribut „ewig“ versehen werden kann. Oder ist die gesamte Existenz ohnehin nur Lug und Trug? Die ein oder andere Religion und die hätten dazu jetzt einiges zu sagen. Aber was meint denn die gute alte dazu? Ich hab da was gefunden.

(Quanten-) Informationen: unzerstörbar oder nicht?

Den Satz, dass „Informationen eigentlich unzerstörbar“ seien,1 habe ich schon vor langer Zeit mal aufgeschnappt – und ihn nie so recht geschnallt. Wie ich vor zwei Jahren schon einmal schrob definiere ich als Geisteswissenschaftler Information halt etwas anders, sodass mir dieser Ansatz aus meiner naturwissenschaftlichen Laiensicht esoterischer vorkam, als er eigentlich ist.2

Endlich erklärt: Hawkings Schwarzloch-Paradoxon

„Das Schwarzloch-Paradoxon“ – wäre ein cooler Titel für ein Perry-Rhodan-Heft – aber ich schweife ab. Nach all den Jahren habe ich endlich ein Erklärbärvideo gefunden, das diese Thematik auch für mich verständlich erläutert. Fabio Pacucci erläutert in diesem sehr gelungenen TED-Ed-Video nämlich erst einmal, wie „Information“ in diesem Zusammenhang eigentlich definiert ist, nämlich als die physikalischen Eigenschaften der Elementarteilchen, aus denen etwas besteht. Aber schaut selbst:

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Und was ist nun die Antwort der Wissenschaft?

Nun, zunächst einmal, dass wir es – noch – nicht wissen, aber immerhin eine Ahnung haben, in welche Richtung wir weiterforschen müssten, um der Antwort dereinst womöglich ein wenig näher zu kommen. Aber selbst wenn die Antwort lauten sollte, dass Quanteninformationen wirklich unzerstörbar sind, heißt das noch lange nicht, dass alles, was jemals war, daraus jederzeit „zurückgerechnet“ werden kann. Die Widersprüchlichkeit der Übertragung von Quantenphänomenen auf die „Makroebene“ – also die Welt der „großen Dinge“, in der wir uns im Alltag bewegen, ist ja die eigentliche Lehre aus Schrödingers Gedankenexperiment. Das lässt sich eben nicht so mirnichtsdirnichts übertragen.

Und wenn das hier eh alles nicht echt ist?

Eventuell ist das alles obsolet, wenn sich die Nummer mit der holografischen Simulation bewahrheitet. Zu dem Thema gibt es ein ebenso interessantes Erklärbärvideo von Eoin Duffy – gefunden bei Minds Delight: Are We Living in a Simulation?

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Darin werden Methoden vorgestellt, mit denen wir dieser Frage eventuell wissenschaftlich auf den Grund gehen können. Irgendwann mal. Vielleicht. Aber wenn die Möglichkeit ein Universum wie das, in dem wir leben, zu simulieren auch nur rein theoretisch besteht, so argumentieren einige, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies auf unseres zutrifft, durchaus nennenswert. Nimmt man nämlich an, dass es mehrere Universen gibt3 und dass in jedem mindestens eine Zivilisation entsteht, die Universen simulieren kann4, dann ist die Wahrscheinlichkeit mindestens schon einmal fifty-fifty.

Und nu?

Tja, es hilft nix. Auf absehbare Zeit müssen wir wohl weiterphilosophieren. Was also meint ihr?

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  1. verbunden mit der Ergänzung, dass Schwarze Löcher es eventuell doch können[]
  2. ich will es mal das Schrödinger-Phänomen nennen – sein Gedankenexperiment mit der Katze ist ja auch nicht so esoterisch gemeint, wie es oft interpretiert wird[]
  3. was schon Spekulation ist[]
  4. noch spekulativer[]

Zwei Runden um den Polarkreis

Als ich acht Jahre alt war haben unsere Eltern mit uns in den Sommerferien eine dreiwöchige Kreuzfahrt durch die Nordpolarregion unternommen – und zwar auf dem sowjetischen Kreuzfahrtschiff ODESSA. Heute liegen mir davon leider keine Fotos mehr vor – daher habe ich die Tour jetzt, 36 Jahre später, mit meiner Familie wiederholt.

Disclaimer: 35+ Jahre alte Erinnerungen

Bei der Rekonstruktion dieser Geschichte bin ich wie gesagt komplett auf meine über 35 Jahre alten Erinnerungen angewiesen. Weder auf Fotos noch auf Unterlagen der damaligen Reise habe ich heute noch Zugriff. Selbst bei der konkreten Jahreszahl bin ich mir nur zu 90% sicher. Es war definitiv vor 1985 und nach 1981 – die Wahrscheinlichkeit für den Sommer 1983 ist am größten. Gesichert sind immerhin Name und Herkunft des Schiffes und der grobe Verlauf der Route. Bei einigen Hintergründen und Details erlaube ich mir etwas zu spekulieren und gegebenenfalls sogar dramaturgisch auszuschmücken. Im Großen und Ganzen ist es aber genauso gewesen.

Made in the USSR: Mittelschicht-Kreuzfahrt in den 80ern

Wir schreiben also das Jahr 1983. Etwa ein Jahr zuvor war meine Oma aus dem Saarland zu uns nach Schleswig-Holstein gezogen. Da sie krankheitsbedingt auf Pflege angewiesen war, hatten meine Eltern entschieden, sie nach dem Tod meines Opas zu uns zu holen. Als kleines Dankeschön hatte sie uns allen einen gemeinsamen spendiert. Für die damalige Zeit und unsere Gehaltsklasse (durchaus gehobene Mittelschicht – aber halt nicht mehr) womöglich etwas unüblich (hier beginne ich zu spekulieren) fiel die Wahl auf eine Kreuzfahrt, die uns in skandinavische Gefilde führen sollte. Da AIDA und Co. noch mindestens 15 Jahre auf sich warten lassen sollten, war die einzige (?) Möglichkeit offenbar, auf sowjetische Anbieter zurückzugreifen.

Ich erinnere mich noch vage an die einschlägigen Urlaubskataloge, die wir damals gewälzt haben. Die Schiffsnamen, die im Gespräch waren, klangen alle irgendwie russisch. Ganz offensichtlich bot die Sowjetunion zu dieser Zeit als Devisenquelle solche Reisen für westeuropäische und namentlich westdeutsche Touristen an. Wir entschieden uns schließlich für:

Die MS ODESSA

Ich habe das Schiff noch gut vor Augen – mit dem fetten Hammer-und-Sichel-Symbol auf dem Schornstein und dem kyrillischen Namen am Bug. Auf dieser Seite sind alle Daten der MS ODESSA nebst einem Postkartenmotiv von damals zu finden. Mit knapp 140 m Länge und gut 500 Passagieren ist das Ding aus heutiger Sicht natürlich winzig. Ein stylisches Schiffchen war es aber durchaus – und für einen Achtjährigen wie mich und meinen zwei Jahre jüngeren Bruder war es ein wunderbarer Spielplatz. Viele junge Familien waren damals im Übrigen nicht an Bord. Einschränkend muss gesagt werden, dass mein Bruder und ich lieber unter uns geblieben sind – bewusst habe ich aber nur ein weiteres Geschwisterpärchen in Erinnerung, das ungefähr in unserem Alter war.

Die Crew war komplett russisch – beziehungsweise sowjetisch (es werden sicher auch etliche Besatzungsmitglieder aus den anderen Sowjetrepubliken an Bord gewesen sein). Das Ausflugs- und Entertainment-Programm hingegen wurde von Westdeutschen gemacht: abgehalfterte Schlagersänger und Entertainer, ein schwerstalkoholischer Zauberer – selbst aus meiner damaligen Kindersicht eine ziemlich wilde Truppe.

Besagter Zauberer ist mir besonders in Erinnerung geblieben: mit seiner Feuernummer, die damit endete, dass er hektisch seine brennenden Handschuhe ausziehen, auf den Boden werfen und austreten musste – oder als ihm beim Gang von der Bühne seine Messer zum Jungfrauenzersägen entglitten und einer Zuschauerin auf den Kopf fielen (von einer kleinen Platzwunde abgesehen zum Glück ohne größere Blessuren).

Ein starker Kontrast war der letzte Entertainment-Abend, der von der sowjetischen Crew bestritten wurde und alle Bemühungen der westdeutschen Unterhaltungstruppe in den Schatten stellte.

Nach Aussage meiner Eltern soll der Kaffee an Bord übrigens eine Katastrophe gewesen sein, was sie zum Anlass nahmen, auf Tee umzusteigen, der an Bord hervorragend war. Seitdem sind wir eine Tee-Familie – eine Tradition, die ich bis heute unerschütterlich in Ehren halte.

Die Route einst und jetzt

2019 haben meine Familie und ich diese Reise mit der AIDAluna nachvollzogen. Die Route war nahezu identisch, sie unterschied sich nur in einigen Stationen. Die Erlebnisse und Eindrücke waren erneut fantastisch – auch wenn ich einige Details anders oder gar nicht mehr in Erinnerung hatte. Damals startete die Reise in Hamburg (bin ich mir zumindest ziemlich sicher). Diesmal ging es in Kiel los.

Schottland: einst Shetland – jetzt Orkney

Damals war unsere erste Station auf den Shetland-Inseln. Viel Erinnerung daran habe ich nicht mehr – eigentlich nur noch, dass wir eine Bustour über die Insel gemacht haben und wir durch eine durchaus schöne aber recht neblig-karge Landschaft gefahren sind.

In diesem Jahr ging’s etwas südlicher nach Kirkwall auf den Orkney-Inseln. Etwas bedeckt war es erneut, das Örtchen war jedoch sehr sehenswert und lud zu einem kurzweiligen Spaziergang ein. Und es gab ziemlich leckere Scones.

Island: einst Reykjavik – jetzt mehr

Die nächste Station war Island, damals nur die Hauptstadt Reykjavik mit einem Ausflug zu den Geysiren. Vor allem letzterer deckt sich in meiner Erinnerung ziemlich genau mit der Erfahrung in diesem Jahr – einschließlich des außerordentlich guten Wassers, das zum Mittagessen gereicht wurde. Hatte sich vor 36 Jahren ziemlich bei mir eingeprägt. Dunkel erinnere ich mich außerdem an eine Wanderung zu einem Vulkan.

Diesmal ging es mit Island aber in Akureyri los. Die Stadt im Norden der Insel war die erste von insgesamt drei Stationen dort und empfing uns mit strahlendem Sonnenschein, der die Wanderung zum botanischen Garten besonders erfreulich machte. Man beachte außerdem die herzförmigen Ampeln. Von hier aus haben wir zudem eine Whalewatching-Tour gemacht.

Laut der Meeresbiologin an Bord unseres Ausflugsbötchens hieß der Buckelwal „Dark Knight“ – und er zeigte uns immerhin ein paarmal seinen entzückenden Rücken.

Der zweite Island-Stopp 2019 war das wunderschöne Ísafjörður im Nordwesten.

Und schließlich ging es auch dieses Mal nach Reykjavik, was mich mit am stärksten an den damaligen Besuch erinnerte – allem voran das Geysirfeld, zu dem es einst wie jetzt einen Ausflug gab. Ich glaube, hier haben die Erinnerungsneuronen am stärksten gefeuert, da vieles noch sehr ähnlich war – bis hin zum allgegenwärtigen Schwefelgeruch.

Im Gegensatz zu damals hatte der Ausflug diesmal jedoch noch zwei weitere Ziele. Zum einen den beeindruckenden Gullfoss Wasserfall und zum anderen das sowohl erd- als auch menschheitsgeschichtlich höchst bedeutsame Thingvellir. Hier grenzen nämlich nicht nur die eurasische und nordamerikanische Erdplatte aneinander. Die Felswand auf dem verlinkten Foto ist quasi die Kante Nordamerikas, während die Islandflagge auf eurasischem Boden steht.

Zudem befindet sich hier eine Wiege der europäischen Demokratie, wo die Isländer zwischen den Jahren 900 und 1800 ihre Versammlungen abhielten. Thingvellir ist somit eines der ältesten Parlamente der Welt.

Spitzbergen: einst ohne – jetzt mit Zivilisation

Diesen nördlichen Endpunkt menschlicher Zivilisation hatte ich sehr menschenleer und eisig in Erinnerung. 1983 sind wir umgeben von Eisbergen mit Tenderbooten an Land gegangen und haben dort kaum Menschen und Behausungen vorgefunden. In meiner Vorstellung hat es da nur eine kleine Forschungsstation gegeben.

Entweder erinnere ich mich sehr lückenhaft – oder wir waren damals schlicht an einer anderen Stelle von Spitzbergen. Denn der Ort Longyearbyen, den wir dieses Mal ansteuerten, existiert schon seit über 100 Jahren. Ein reicher Ami hat damals dort eine Kohlegrube mit Stadt drumrum gegründet. Ein Stollen ist da wohl noch aktiv – alles andere aber nur noch historisches Industriedenkmal. Der Ort lebt mittlerweile überwiegend von der Forschung – die Universität hat hier eine Außenstelle – und vom Tourismus.

Bei unserem Ausflug zur nächstgelegenen Endmoräne war Schutz durch bewaffnete und behundete Guides vorgeschrieben. Die Eisbärwarnschilder stehen dort nicht zum Spaß. Gesehen haben wir aber keine.

Nordkap: einst wie jetzt ohne Sonnenuntergang

Sind wir mal ehrlich – das Nordkap ist eigentlich Touristennepp. Man wird da hoch gekarrt, um ein Postkartenfoto von dieser Kugel zu machen (siehe Link) – und befindet sich nicht mal tatsächlich am nördlichsten Festlandpunkt Europas. Meine Erinnerung an den Besuch 1983 reduziert sich daher auch auf einen ganz kurzen Moment, an dem mir meine Eltern erklären, dass es ja ganz toll sei, hier zu stehen und um Mitternacht die Sonne zu sehen.

In diesem Jahr war es kaum anders – auch wenn der Ausblick bei dem tollen Wetter, das wir hatten, schon spektakulär war. Das galt für die Fahrt zum und vom Nordkap aber fast noch mehr. Vor allem weil wir etliche weiße Rentiere gesehen haben.

Norwegens Fjorde: einst ohne – jetzt mit Eisbärenclub

Damals wie heute ging es schließlich entlang der norwegischen Küste Hafen für Hafen wieder gen Süden. Diesmal lauteten die Stationen: Hammerfest, Tromsø, Lofoten, Bergen und schlussendlich wieder Kiel. Ich weiß es nicht mehr so genau – aber damals war es glaube ich fast identisch. Möglich, dass wir 1983 die Lofoten ausgelassen und dafür weiter südlich Trondheim angesteuert haben – aber auch hier ist meine Erinnerung arg lückenhaft. Rundgänge von damals habe ich überhaupt nicht mehr präsent. Die Städte waren mir in diesem Jahr alle völlig neu. Eigentlich kann ich mich nur noch an einen Bötchenausflug durch einen Fjord erinnern (das mag Hammerfest gewesen sein – aber ich weiß es wirklich nicht mehr).

In diesem Jahr hatten wir in jedem Hafen unfassbares Glück mit dem Wetter und konnten jede Stadt zumindest zeitweise unter blauem Himmel genießen (ausdrücklich auch die angeblich regenreichste Stadt Europas Bergen). All diese Orte waren wunderschön – aber aus irgendeinem Grund ist uns Hammerfest diesmal besonders in Erinnerung geblieben. Vielleicht auch, weil wir dort in die königliche und altehrwürdige Eisbärengesellschaft aufgenommen wurden.

Im Ernst: Skandinavien hat für mich auch 36 Jahre später nichts an seiner damals in mir gepflanzten Faszination verloren. Selbstredend ist das Gegenteil der Fall. Und bei allem Fernweh nach neuen Horizonten, das es als nächstes zu stillen gilt – an vielen Orten dieser Tour waren wir mit Sicherheit nicht zum letzten Mal. Slartibartfaß hat einfach viel zu gute Arbeit geleistet.

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