Mosh Pit Science

Kürzlich war ich auf einem Heavy-Metal-Konzert. Altersgemäß habe ich etwas weiter oben gesessen, was mir einen guten Blick auf das Geschehen direkt vor der Bühne ermöglicht hat. Dabei drängte sich mir eine Frage auf.

Wie herum dreht sich eigentlich ein Circle Pit?

Wie üblich hat die Menge ordentlich gemosht, vornehmlich in der Zone, die gemeinhin Mosh Pit genannt wird. Das ist phasenweise recht chaotisch, oftmals dreht sich das Geschehen jedoch gleichförmig im Kreis. Den Spezialfall nennt man Circle Pit und dieser spezielle drehte sich stets entgegen dem Uhrzeigersinn. In meinem Kopf ploppte sofort die Frage auf: Ist das eigentlich immer so?

Ich teilte meine Frage bei #Bluesky und setzte die Wissenschafts-Community im allgemeinen und Dr. Jens Foell im speziellen darauf an.

“Folgende Frage drängt sich mir auf: Haben Moshpits eigentlich eine bevorzugte Drehrichtung? Mein Tipp wäre: Ja, und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Aber warum? Corioliskraft (eher nicht)? Weil mehr Leute Rechtshänder sind? Jens Foell kennt bestimmt entsprechende Studien.”

Es kamen etliche Antworten und interessante Thesen zurück. Es wurden Beobachtungen von Circle Pits im Uhrzeigersinn mitgeteilt. Jens stellte als Erklärungsansatz in den Raum, dass eine hypothetische bevorzugte Drehrichtung vielleicht kulturell bedingt ist und mit der Fahrtrichtung im Straßenverkehr zu tun hat. Diese These wurde allgemein begrüßt – auch von mir. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist sie aber wohl falsch.

Alles längst erforscht

Ralph Einfeldt hatte unter meinem Post ein Paper von 2013 verlinkt, in dem es um die Entstehung von Moshpits gehen soll.

“Zum Entstehen eines Moshpits gibt es was, so auf den ersten Blick habe ich nichts zur bevorzugten Drehrichtung gesehen.”

Collective Motion of Humans in Mosh and Circle Pits at Heavy Metal Concerts

Ich bin jetzt erst dazu gekommen, in das Paper reinzulesen. Und siehe da: Die Antwort auf meine Frage steckt doch drin.

Mosh Pits verhalten sich wie Gase

Die Autoren Jesse L. Silverberg, Matthew Bierbaum, James P. Sethna und Itai Cohen sind das Thema physikalisch angegangen und vergleichen die Teilnehmenden eines Mosh Pits mit Gaspartikeln. Das verwendete Formelwerk verstehe ich fast gar nicht aber im großen und ganzen ahne ich, worauf sie hinaus wollen. Sie definieren eine Handvoll Regeln, nach denen sich eine idealtypische Mosh-Person verhält, und lassen damit ein paar Simulationen laufen.

Wierum denn nun?

Tatsächlich gleichen die Simulationen den beobachteten echten Mosh und Circle Pits – mit einem Unterschied: Während sich die simulierten Pits zu gleichen Teilen mit und gegen den Uhrzeigersinn drehen, zirkulieren die realen zu 95% gegen den Uhrzeigersinn. Und zwar sowohl in den USA als auch in UK und Australien. Damit ist die Fahrtrichtungsthese leider vom Tisch. Die Autoren spekulieren wie ich mit der mehrheitlichen Rechtshändigkeit, haben jedoch keine finale Antwort. Das war aber auch nicht Gegenstand ihrer Forschung. So oder so, meine Frage ist hiermit beantwortet.

Ich liebe die #Wissenschaft!

Kategorien: dies und das

2 Kommentare

  1. :D Frage und Thesen fande ich unheimlich unterhaltsam.

  2. @roland Damit ist die Fahrtrichtungsthese von @fMRI_guy leider vom Tisch.

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