Für einen selbsternannten #ScienceFiction-Fan weist mein Lesekanon noch einige arge Lücken auf. So habe ich vom Großmeister Isaac Asimov bislang nur ein paar Kurzgeschichten und ein, zwei Romane gelesen. Höchste Zeit also, mir mal den kompletten Roboter- und Foundation-Epos reinzudrehen, beginnend mit der Kurzgeschichtensammlung „I Robot“ beziehungsweise „Ich der Roboter“, wie der Titel zuletzt naheliegenderweise übersetzt wurde.1
Letzter Anstoß, dieses Projekt endlich anzugehen, war natürlich die Streaming-Serie Foundation, die ich zwar nicht überragend finde, in der aber genug spannende Einfälle stecken, dass ich deren Originalversion nun unbedingt mal nachlesen möchte.
Episodenhafte Roboter-Historie
Das Buch ist im Grunde eine Anthologie mehr oder weniger kurzer Geschichten, die sich alle um den Umgang mit den berühmten drei Robotergesetzen2 drehen und welche vermeintlichen Fehlfunktionen sie bei den Maschinen hervorrufen können. Als unverrückbare Basisprogrammierung bilden sie das Handlungsgerüst, in dem sich die Roboter bewegen müssen.
Alle Fehler stellen sich im Grunde als Folge ungenauer oder unüberlegter Befehle von Menschen heraus, die die Maschinen in logische Zwickmühlen bugsieren, aus denen sie nur mit Mühe wieder herauskommen, wenn sie gleichzeitig die drei Gesetze befolgen wollen.
Im Hintergrund wird dabei grob die Entwicklung der Roboter und ihres Einflusses auf die menschliche Gesellschaft beschrieben. Eine Rahmenhandlung hält die Episoden lose zusammen, darin interviewt ein Journalist die betagte Robotpsychologin Dr. Susan Calvin, die in den meisten der Geschichten selbst eine Rolle spielt. Sie ist dann stets die Instanz, die das jeweilige Problem auflöst und den menschengemachten Fehler benennt, der die Ursache war.
Ein, zwei Geschichten weichen ein wenig vom Schema ab, so wird in einer einem Politiker vorgeworfen, in Wahrheit ein Roboter zu sein, eine andere beschreibt den Einfluss eines Robotkindermädchens auf eine Kleinfamilie.
Furchtbares Frauenbild
Auch heute kann man die Geschichten noch sehr gut lesen – mit einer Einschränkung: das transportierte Frauenbild ist leider alles andere als zukunftsweisend und tief in den 40er Jahren verwurzelt, in denen die Stories entstanden sind. Wobei man auch in diesem Jahrzehnt durchaus etwas progressiver hätte daherkommen können, aber das war Asimov offenbar nicht allzu wichtig.
Unter den wenigen Frauen, die überhaupt auftauchen, ragt immerhin die Hauptfigur und Roboterexpertin Dr. Susan Calvin hervor, die als kompetente Wissenschaftlerin in fast jeder Geschichte den Tag rettet. Allerdings entblödet sich Asimov nicht, immer wieder betonen zu müssen, dass sie ja nicht sonderlich attraktiv sei und in ihrem tiefsten Inneren darunter leide, keine „richtige“ von Männern begehrte Frau zu sein.3
Alle anderen Anachronismen, wie die antiquierte Vorstellung von Computern, stören hingegen überhaupt nicht, da die eigentlich behandelten Themen immer noch aktuell – oder geradezu zeitlos sind.
Moral und Maschinen
Denn im Grunde geht es bei all dem um Moral und wie man künstliche Intelligenzen dazu bringen kann, „richtig“ zu handeln. Und selbstverständlich berührt das die Kernfrage, was denn überhaupt richtiges Handeln ist und welche Regeln man frei nach Immanuel Kant zur Maxime des eigenen Tuns erheben sollte.
In der Welt der Nullen und Einsen läuft die Beantwortung dieser Frage meist auf den guten alten Utilitarismus hinaus, also die Idee, eine Handlung danach moralisch zu bewerten, wieviel Schaden – beziehungsweise das Gegenteil – sie für wie viele Menschen verursacht. Daraus folgen dann wiederum so schöne Gedankenexperimente wie das Trolleyproblem und andere vergleichbare Dilemmata.
Genau das versucht man seit einigen Jahren autonom fahrenden Autos einzuprogrammieren – und Asimov hat es bereits in den 1940ern in seine drei Gesetze gegossen. In diesem Büchlein kann man all dies sehr schön nachlesen. Und es zeigt sich wieder einmal, dass die Science-Fiction meist auch ein gutes Stück #Philosophie in sich trägt.
Darüber hinaus finde ich die Episoden – von oben genannter Einschränkung abgesehen – allesamt sehr unterhaltsam und spannend. Ich kann die Lektüre sehr empfehlen.
Zusätzlicher Lesetipp
Mehr aus Zufall habe ich vor ein paar Monaten „Der elektrische Engel“ von Sven Haupt aus dem Jahr 2018 gelesen, was in Form und Inhalt eine bewusste und sehr gelungene Hommage des Asimov-Klassikers ist. Seine KI-Expertin heißt Bettina Calvin und sie berichtet in ihrem Interview ganz ähnliche Episoden, die jedoch im Gewand moderner Science-Fiction und der aktuellen Vorstellungen von Computern und künstlicher Intelligenz daherkommen. Auch hier kann ich den Blick ins Buch sehr anraten.
Dr. Calvin und Will Smith
Und schließlich habe ich mir direkt nach Asimovs Buch einen Rewatch der gleichnamigen Verfilmung von 2004 gegönnt – wohl wissend, dass der Streifen nur äußerst lose auf der Vorlage basiert. Naja, ehrlich gesagt fast gar nicht. Zwei, drei Namen wurden übernommen – inklusive Susan Calvin – und es geht um Roboter, die den drei Gesetzen folgen. Trotz dessen und des geradezu unverschämten Product-Placements finde ich den Film aber immer noch gar nicht mal so schlecht.
Das mit den kugelförmigen Autoreifen hätte Audi wirklich mal machen sollen.
Weiter in Richtung Foundation
Wie auch immer. Asimovs Roboter-Kosmos macht mir Spaß. Der nächste Band in der Reihe „Geliebter Roboter“ wartet bereits auf meinem eBook-Reader auf mich.
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17. Dezember 2025 — 16:25
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@roland
Ich hab Asimov auch verschlungen … vor 30, 40 Jahren. Da ist mir sein Frauenbild noch nicht so aufgefallen. Aber er hat sich wirklich viele Gedanken um Moral und Ethik gemacht … und um Menschlichkeit (siehe auch "Der Zweihundertjährige", schön verfilmt mit Robin Williams).
Aber klar, er war ein Kind seiner Zeit, das sollte man immer bedenken. Dann kann man auch heute noch das Positive sehen, ohne sich über anderes zu ärgern.
Remote-Antwort
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17. Dezember 2025 — 16:39
Genau so wollen wir es halten. :-)