Was bisher geschah
Der geneigte Leser mag sich erinnern, dass unsere Helden beim letzten Mal mit einem Schutzbefohlenen zum geheimnisvollen Roten Turm vorgedrungen sind. Mit Erreichen desselben hatten sie ihre erste Queste bewältigt. Gleichzeitig hatten sich Spieler und Spielleiter mit dem FATE-System vertraut gemacht, wie es im Malmsturm-Regelwerk aufbereitet ist.
Ring frei für Runde zwei
Zunächst erhielt die Runde Zuwachs – zwei kampferprobte FATE-Veteranen stießen hinzu, um die Gruppe zu erweitern. Wie gehabt lief ein Großteil der Charaktererschaffung im Vorfelde online ab (schon ganz nützlich dieses Internet), zum Waldläufer und der adeligen Gelehrten gesellten sich eine Elementarmagierin und ein redegewandter Dieb mit alchimistischer Ader.
Zur Magie
Für die regeltechnische Umsetzung von Magie gibt Malmsturm ja “nur” ein paar Anregungen. Für Wyddland hatte ich mich jetzt für folgende Variante entschieden:
- Allen Charakteren steht die Fertigkeit “Zweites Gesicht” (entspricht “Zaubern” im Malmsturm-Regelwerk) zur Verfügung. Für sich allein genommen funktioniert es wie eine Art Magiegespür, über das in der Welt von Wyddland theoretisch jeder verfügt.
- Wer darüber hinaus Magie wirken will, benötigt zunächst einen Aspekt, der den Charakter entweder einem magischen Volk oder einer Zauberschule zuordnet – wahlweise auch einer, der ihn als magisches Naturtalent ausweist.
- Dann hat der Charakter Anrecht auf passende magische Talente, die konkrete magische Effekte bzw. Beschwörungen beschreiben (zum Beispiel “Feuer beschwören” oder “Stein formen”). Diese werden (in der Regel) mit der Fertigkeit “Zweites Gesicht” angewandt.
Ich habe länger darüber nachgedacht, ob es irgendwelche Kosten für die Magienutzung geben soll. Es bestünde ja die Möglichkeit, die Ausgabe von Schicksalspunkten zu fordern. Allerdings teile ich die im Malmsturm-Regelwerk geäußerte Ansicht, dass ein Schwertkämpfer für seine besonderen Talente in der Regel ja auch keine Sonderkosten hat.
In der Welt von Wyddland soll es in von Menschen besiedelten Regionen aber durchaus erschwert sein, Magie zu wirken. Ob sich dies nur in der Erhöhung des Schwierigkeitsgrades oder (vergleichbar mit dem Dresden Files RPG) auch in Schwächung der Magie-Stressleiste (inklusive lustiger Konsequenzen) niederschlagen soll, bin ich mir noch nicht ganz einig.
Da dieses Abenteuer aber komplett im Roten Turm – und somit einer sehr magiefreundlichen Umgebung – stattfand, spielte dies vorerst keine Rolle. Die Magierin durfte ihr Feuer also ohne Einschränkungen beschwören.
Ab in die Sandbox
Ich wollt das mit der Sandbox und den Bangs (siehe Spielbericht Nummer eins) doch noch einmal versuchen. Und so sollte das zweite Abenteuer ein kriminalistisches Kammerspiel werden. Der Schauplatz sollte sich auf den Roten Turm beschränken, das Personal war mehr oder weniger gut ausgearbeitet – und als Bang stand ein klassischer Mord an. Die Verdächtigen waren zahlreich (Spielercharaktere natürlich eingeschlossen) und die Hinweise spärlich. Das Feld war also bereitet.
Wohin mit den NSCs?
Sicher ein klassisches Problem: Der Logik halber schwirren eine ganze Menge NSCs in der Gegend rum, die das Problem eigentlich auch wunderbar allein lösen könnten. In meinem jugendlichen Leichtsinn hatte ich mir im Vorfeld Szenen überlegt, in denen die “besten” von ihnen kurzerhand ausgeschaltet werden. Wirkte im eigentlichen Spiel dann leider doch etwas bemüht.
Was ist passiert?
Zur eigentlichen Handlung: Die Helden Lynn und Rivewo haben den kleinen Parton sicher zu seiner neuen Lehrstätte eskortiert. Da es schon spät ist, weist man ihnen ein Nachtquartier zu und bittet sie zudem am morgigen Abend einem Empfang beizuwohnen. An jenem Abend werde nämlich der Magie-Absolvent Harold verabschiedet, der seine neue Stelle als Hofzauberer am Königshof Ustriens antreten soll.
Nur wenige Tage zuvor erreichte Breanna den Roten Turm. Die angehende Elementarmagierin soll hier ihre Ausbildung fortsetzen, nachdem sie in Seeburg (der Hauptstadt Ustriens) unverschuldet in zwielichtige Geschäfte geraten ist. Geleitet wurde sie vom (NSC-)Ritter Fjondar vom See, der auf seinem Rückweg Harold zum Königshof bringen soll.
Schließlich bricht in der Nacht vor dem Empfang auch noch Myrkvid in den Roten Turm ein. Er erhofft sich Hinweise auf ein magisches Artefakt, das er von einer mächtigen Bruderschaft entwendet hat. Diese fordert es nun zurück – leider befindet es sich nicht mehr in seinem Besitz. Er wird vom Trollwächter des Turms erwischt und in ein Verlies gesperrt – bricht aber kurzerhand wieder aus.
Freies Spiel
Die Ereignisse der Nacht und des folgenden Tages waren von mir nicht vorbereitet. Die Spieler hatten Gelegenheit sich zu beschnuppern und kennenzulernen, das Terrain zu erkunden – und gegebenenfalls bereits Hintergrundinformationen für die kommenden Ereignisse zu sammeln. Am interessantesten fand ich, dass sich dabei eine eigene Handlung aus Mykrvids Suche entwickelte. Die Charaktere planten eine eigene Queste, die sie am Folgetag in den tiefen Wald führen sollte. Ich stand kurz davor, mir einen eigenen Charakter zu erstellen und spielleiterlos weiterzumachen.
Bang!
Wie sicherlich zu erwarten war, ging der abendliche Empfang nicht ohne dramatische Ereignisse zu Ende. Der gute Harold schrie nach dem ersten Bissen auf, würgte, fiel vornüber in seinen Teller und verschied. Schnell war klar, dass er vergiftet wurde. Ritter Fjondar riss sogleich die Ermittlungen an sich.
Meine eigentliche Idee war jetzt, dass der Ritter in der Nacht, wenn es ohne Ergebnis erst mal zur Ruhe geht, zum zweiten Opfer wird – allerdings kamen die Spieler dem eigentlichen Täter schon in der Nacht auf die Schliche. Es war … der kleine Parton!
Aber … warum?
Zur Rede gestellt, büxte er mit einem Lichtblitz-Zauber aus (der nebenbei den Trollwächter versteinern ließ). Die weiteren Ermittlungen ließen vermuten, dass er ein Wechselbalg der Lichtelben war, der dem armen Bauern aus Abenteuer eins untergejubelt worden war. Sein Auftrag: Die Vernichtung des Roten Turms und somit der magischen Machtbasis des Königreichs.
Wieso schon wieder Spinnen?
Während sich einige Charaktere auf die Suche nach Parton begaben, wurden die anderen aus heiterem Himmel von Riesenspinnen angefallen. Ich weiß selbst nicht mehr, wieso ich schon wieder diese Viecher ins Rennen geschickt habe. Die Idee war, dass der Wechselbalg in die Kellergewölbe des Turms geflohen ist und dort alle Verliese geöffnet hat. Ich hatte da noch mehr Viehzeugs “deponiert” – der Spinnenkampf geriet aber so langwierig, dass ich mal wieder davon absah, sie alle zu bemühen. Der Schattendrache lief also lieber in den Wald hinaus.
Nebenbei schalteten die Spinnen noch aus reiner Spielleiterwillkür den Ritter aus, sodass die Spieler nun wirklich allein den letzten Kampf bestreiten mussten.
Unkraut jäten
Ob Feenbalg oder nicht – Parton blieb dann doch ein Kind. Zwar magisch recht begabt – aber schwächlich. Dafür hatte er aber Zauberbohnen bei sich, die unter anderem einen Pflanzenkrieger sprießen lassen konnten, der die Spieler vorerst in Schach hielt, während er aus der anderen Bohne einen Weltenbaum wachsen lassen wollte, der den Roten Turm von innen heraus zersprengt. Nun ja, letztendlich waren die Helden natürlich siegreich – auch wenn sie die Zerstörung des Turms nebenher beinahe selbst erledigt hätten.
Regeltechnisches
Die viele Klopperei vor allem gegen Ende hat uns dann doch ein, zwei Mal im Regelwerk blättern lassen. Dabei kam ein Manko ganz deutlich zum Vorschein: In der nächsten Auflage braucht das Malmsturm-Regelwerk dringend ein Register!
Zudem sind wir auf einen etwas verwirrenden Punkt gestoßen: Ist es bei Malmsturm tatsächlich beabsichtigt, dass durch das Akzeptieren einer Konsequenz die Stressleiste wieder auf “voll” gesetzt wird? Man nimmt bei FATE doch üblicherweise eine Konsequenz, um das abstreichen weiterer Belastungspunkte zu vermeiden. Wieso noch zusätzlich zur Belohnung die bereits abgestrichenen zurückerhalten?
Auf Seite 93 heißt es aber recht deutlich:
“[…], muss sie eine Konsequenz hinnehmen. Im Gegenzug erhält sie dafür allerdings auch Belastungspunkte im Wert ihrer vollen Leiste zurück. […]”
Wenn das wirklich so gemeint sein sollte, beabsichtigen wir das aber auch fürderhin zu ignorieren.
Was bleibt offen?
Einiges: Führen die Lichtelben einen geheimen Krieg gegen die Menschen? Welche Rolle spielt darin der geheimnisvolle Drachenschädel, den Myrkvid so verzweifelt sucht? Und was blüht dem Spielleiter, wenn er es jemals wieder wagt, Riesenspinnen auf die Charaktere zu hetzen?
All dies wird sich im dritten Teil der großen Wyddland-Trilogie offenbaren.