| An dieser Stelle versuche ich es ab jetzt mit einer kleinen Schreibübung, eine ungeplottete, unlektorierte einfach drauflosgeschriebene Fortsetzungsgeschichte. Mal schauen, wohin das führt. Die Grundidee orientiert sich an der "Liga der außergewöhnlichen Gentlemen", in der Kurzgeschichte F.R.I.C.K. habe ich sie schon einmal verarbeitet. Viel Spaß damit! Achtung! Die folgenden Inhalte unterliegen der Geheimhaltungsstufe "unsichtbar". Ihre Kenntnis muss unter allen Umständen geleugnet und nach Gebrauch vergessen werden. gez. Ministerium des Unsichtbaren der Bundesrepublik Deutschland, Bundesamt für die Zusammenarbeit bei internationaler Gefahrenabwehr Prolog: Der Untergang der Aurora 2Als die Nanomaschinen ihrer Basisprogrammierung folgend das Energieleitungssystem wiederhergestellt hatten und die zentralen Steuerelemente der Hardware wieder mit Strom versorgt wurden, begann das System automatisch hochzufahren. Die Selbstdiagnose ergab, dass die wesentlichen neuronalen Systeme intakt waren, die Datenspeicher wiesen keine Lücken auf, sogar die Systemzeit war während der Deaktivierungsphase weitergelaufen. Demnach war das komplette System für knapp zwei Millionen Sekunden offline gewesen. Das entsprach ungefähr drei Wochen. Der Maschinengeist erwachte und wurde seiner selbst wieder bewusst. Eigenbezeichnung T-X-alpha, zuletzt unter dem Namen Maria ... Das Reparaturprotokoll verdrängte diesen Gedanken aus dem künstlichen Bewusstsein und fokussierte es auf die drängendsten Aufgaben. Noch gab es keine Verbindungen mit den internen und externen Sensoren und der Motorik. Die entsprechenden Daten- und Impulsleitungen waren zu stark beschädigt - es bestand sogar die Möglichkeit, dass Sensoren oder Gliedmaßen nicht mehr vorhanden waren. Das Standardreparaturprotokoll sah als nächstes die Wiederherstellung der Sensorik vor. Ein kurzer Befehl an die Nanomaschinen wies die entsprechende Priorisierung an. Nach einer Weile - genaugenommen nach 79.312 Sekunden - ergab sich folgendes Bild. Laut interner Sensoren waren Endoskelett und Motorik noch weitgehend vorhanden und autonom reparierbar. Eine vollständige Wiederherstellung war aufgrund der Langzeitbeschädigungen der letzten 15 Jahre ausgeschlossen, die jüngsten Schäden - die Erinnerungsspeicher hatten das Feuer bis zur Selbstabschaltung aufgezeichnet - hatten offenbar die Außenhaut und ihre Mimikryfunktionen nachhaltig zerstört. Ihre Reparatur wurde daher in der Prioritätsliste ganz nach unten gestuft. Die ausreichende Wiederherstellung der Motorik stand nun ganz oben, würde aber nochmals fünfzig- bis sechzigtausend Sekunden in Anspruch nehmen. Laut externen Sensoren lag die Maschine im Innern einer hölzernen sargähnlichen Kiste. Die Lagesensoren nahmen ein konstantes Schwanken wahr, was gemeinsam mit der akustischen Kulisse eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür ergab, dass sich diese Kiste auf einem Schiff befand, vermutlich auf hoher See. Navigationssatelliten standen noch nicht zur Verfügung und mit den aktuellen Mitteln war eine genaue Positionsbestimmung kaum möglich. In jedem Fall aber entfernte sie sich von ihrem bisherigen Aufenthaltsort, was sofort ihren Primärbefehl alarmierte, in dem Zielzeit, Zielort und die Zielpersonen festgelegt waren. Sich noch weiter von ihrem Zielort zu entfernen, war keine Option. * 51.003 Sekunden später stieß tief im Lagerraum des Ozeandampfschiffs Aurora 2 ein metallener Arm durch den Deckel einer hölzernen Kiste. Ein weiterer Hieb ließ die Kiste komplett zersplittern und aus ihren Resten erhob sich die Gestalt des Maschinenmenschen. Sie orientierte sich kurz, marschierte dann auf das Schott zu, das sie mühelos aus den Angeln riss. Unaufhaltsam setzte sie ihren Weg durch das Schiff in Richtung Brücke fort. Bald schon traf sie dabei auf Matrosen und Passagiere, die zunächst laut schreiend vor ihr Reißaus nahmen und bald mit Pistolen und Gewehren auf sie zu schießen begannen. All dies scherte sie nicht, wer sich ihr nicht direkt in den Weg stellte, den ignorierte sie, alle anderen wurden ohne Rücksicht auf Verluste aus dem Weg geräumt. Kurz vor Erreichen der Brücke hielt sie jedoch inne. Nicht weil sich ihr eine Handvoll Matrosen todesmutig in den Weg gestellt hatte und nun mit bebenden Händen ihre Feuerwaffen auf sie anlegte. Nein, sie hatte routinemäßig alle Sensoreindrücke analysiert, darunter die gesprochene und meist geschriene Sprache, die sie vernahm. Es war russisch, was sie nicht weiter verwunderte. Bei den Unruhen in Metropolis hatten auch sowjetische Agitatoren mitgemischt, die sie nun offenbar nach Moskau schaffen wollten. Doch das hatte nicht ihre Aufmerksamkeit geweckt. Ein getuscheltes Gespräch einige Decks tiefer drehte sich um einen besonderen Schatz, den es unbedingt zu beschützen galt. Man würde eher das ganze Schiff mit Mann und Maus versenken, als die Zeitreisekarte aus den Händen zu verlieren. Erneut meldete sich der Primärbefehl, denn mit diesem Artefakt ergab sich eine Gelegenheit, die Zielzeit, von der sie noch mindestens 50 Jahre entfernt war, deutlich schneller zu erreichen als auf natürlichem Wege. Von diesem Artefakt war in Metropolis öfter die Rede gewesen und auch in ihren eigenen Datenbanken war es aufgeführt. Auf dieser Karte waren demnach "Löcher" in der Raumzeit verzeichnet, feststehende Verbindungen zwischen verschiedenen Zeiten und Orten. Diese Karte zu sichern und in Besitz zu bringen war unerlässlich für die zügige Erfüllung ihres Auftrags. Endlich. Nach 15 Jahren. Diese Überlegungen nahmen nur einen Sekundenbruchteil in Anspruch. Sie kehrte um und machte sich auf den Weg zurück in den Bauch des Schiffes. Den Jubel der Matrosen und die Kugeln, die sie ihr in den Rücken schossen, beachtete sie nicht weiter. * Ihr Ziel war ein Lagerraum in den unteren Decks, ähnlich jenem, in dem sie sich wiedergefunden hatte. Schotts, Bewaffnete und andere Hindernisse räumte sie wiederum beiläufig aus dem Weg. Dort fand sie zwei Männer vor, die an die Rückwand des Lagerraums - der gleichzeitig die Außenwand des Schiffs war - beisammen kauerten und von einer großen Menge Sprengstoff umgeben waren. Sie schrien ihr unartikuliert entgegen und betätigten einen Zünder. Maria erblickte noch einen Tresor, der in einer anderen Ecke des Lagerraums stand. Er war mit lateinischen Buchstaben beschriftet, die die Worte „Franz Jäger Berlin“ bildeten. Dann erfasste sie die Druck- und Hitzewelle der Detonation, riss sie von den Beinen und schleuderte sie gegen das nächstgelegene Hindernis. Die Erschütterung war so stark, dass ihre gerade erst reparierten Daten- und Energieleitungen zerrissen wurden. Das mit Hochdruck hereinströmende Meerwasser tat sein Übriges. Erneut wurde ihr komplettes System in einer Notabschaltung heruntergefahren. Quelle: Erinnerungsspeicher der künstlichen Lebensform T-X-alpha, Eigenname "Maria", Juni 1927 Fortsetzung folgt ... |